Ungeplante Auszeit

Warum die Twitter-Pause? Weil es mich ziemlich gewickelt hat:

Im September hatte ich gesundheitliche Probleme. Mein Bauch wurde dicker und ich konnte nicht mehr richtig essen. Was mit Magen/Darm dachte ich. Mein Hausarzt auch und schickte mich zur Darmspielung. Der Gastroenterologe machte erst einmal eine Ultraschalluntersuchung, stellte Bauchwasser fest und schickte mich in die Frauenklinik. Dort stellte man nach einigen Untersuchung bei mir einen bösartigen Tumor am Eierstock fest. Das Bauchwasser wurde verursacht durch Metastasen, die das Bauchfell reizen. Bei dem Wort „Metastasen“ wurde mir erst einmal ganz anders. Vor allem nach ich mir ergoogelt hatte, dass Patienten mit Bauchwasser aufgrund von Metastasen meistens nur noch ein paar Monate zu leben haben. Ich habe mir noch nie im Leben so gewünscht, etwas nicht gelesen zu haben!!!
Inzwischen weiß ich aber, dass das noch kein Todesurteil ist, solange sie auf den Bauchraum beschränkt bleiben. Das scheint bei mir der Fall zu sein.

Normalerweise wird in solchen Fällen zuerst operiert und danach folgen sechs Chemo-Behandlungen. Ich habe mich jedoch enschieden, an einer Studie teilzunehmen. In dem Fall gibt man zuerst dreimal Chemo, um den Tumor schon einmal zum Schrumpfen zu bringen und die Metastasen zu bekämpfen. Dann wird die OP gemacht und noch dreimal Chemo. Zusätzlich gibt es wöchentlich das Studienmedikament, das die Blutzufuhr zu den Tumorzellen stören soll.
Vorweg wird in solchen Fällen noch eine Bauchspieglung gemacht, um den Befund zu sichern und Proben zu nehmen. Damit fingen dann die Probleme an.
In der Zwischenzeit hatte ich soviel Bauchwasser, dass ich aussah wie im sieben Monat. Ich konnte mich fast nicht mehr rühren und hatte Magenschmerzen. Obwohl ich kaum noch was gegessen hatte, zeigte die Waage inzwischen mehr an. Während der Spiegelung wurde mir zwei Liter Bauchwasser von geschätzten fünf abgelassen. Dank Drainage ging später noch mehr weg. Gottseidank. Allerdings kam danach mein Darm nicht merh in die Gänge. Sie haben alles versucht, aber ich hatte nur noch Schmerzen, wurde immmer aufgeblähter und stand kurz vor einem kompletten Verschluss. Am Ende ging es nicht mehr, ich wurde operiert und habe einen künstliche Darmausgang bekommen. Nur vorübergehend sagen sie. Das klappt hoffentlich auch. Vorübergehend kann ich gut damit leben. Ist bloß ziemlich lästig, aber sonst geht es. Weil es ein Dünndarmausgang ist, riecht wenigstens nichts. Der Beutel hängt neben dem Bauchnabel und lässt sich im Moment ganz gut unter der Klamotten verstecken. Die sind nämlich derzeit arg zu weit.

Ich hatte im Krankenhaus die ganze Zeit erzählt, dass sie sich nicht täuschen lassen sollen. Trotz Gewichtszunahme hab ich unter dem Strich abgenommen. Aber so ganz ernst hat das keiner genommen. Durch das Ablassen des Bauchwassers hatte sich nämlich eine Eiweißverschiebung ergeben, die zu Ödemen geführt hat. Und die spätere OP hat leider zu weiteren Ödemen geführt. Am Ende sah ich aus wie ein riesiges Osterei und hab 62 kg gewogen. Als das Wasser im Körper dann endlich anfing sich wieder zu verziehen, habe ich innerhalb von einer Woche 18(!)kg verloren. Mit 44 kg bin ich bei 1,64 m jetzt natürlich viel zu dünn und hab 10 kg weniger, als normal. Sehe aus, wie kurz vor dem Verhungern. Allerdings gehen meine Jeans jetzt als Boyfriend-Jeans durch. Schon wieder Geld gespart 😉

Und jetzt soll ich essen, hab aber eigentlich nie Hunger. Unglaublich, wie man sich quälen muss, um etwas zu essen, wenn man eigentlich gar nicht mag. Ich bekomme außerdem hochkalorische Milchshakes. Aber bisher klappt das mit dem Zunehmen noch nicht so recht. Ich möchte aber eine künstliche Ernährung vermeiden und zwinge mir deshalb laufend die zuckrigen und fettigen Sachen rein. Aber solche Lieblingssachen wir Leberwurst, Teewurst, Salami, Räucherfisch, Lachs und Hering soll man wieder nicht mir künstlichem Darmausgang. Und ich hab meinen Räucherlachs letzte Nacht mit fiesen Schmerzen büßen müssen. Aber morgen probiere ich trotzdem Sahnehering. So!

Die erste Chemo hab ich übrigens sehr gut vertragen. Nur meine Frisur sieht inzwischen mehr nach Gollum aus als nach Frodo. Aber was soll’s, wozu gibt es Tücher. Wächst ja irgendwann wieder. Am Dienstag habe ich die nächste Chemo. Die wurde um eine Woche verschoben, weil ich nach der OP Fieber bekommen hatte (Ihr seht, ich hab nix ausgelassen). Drückt mir die Daumen, dass es wieder gut läuft und sich die Nebenwirkungen in Grenzen halten.

Im Moment habe ich Ausgang vom Krankenhaus. Gestern war ich schon mal ein paar Stunden auf Probe hier. Heute übernachte ich in meiner Wohnung und rücke erst wieder am Montagabend ein. Bis dahin genieße ich es, dass ich endlich wieder richtig heißen Tee habe statt nur lauwarmer Brühe. Und ich schmuse wie ein Weltmeister mit meinen Katzen. Die Zwei haben mich einen guten Monat nicht gesehen und waren ganz aus dem Häuschen 🙂 🙂

Was mich in der Zeit vor und im Krankenhaus wirklich berührt hat: ich habe unheimlich viele ernst gemeinte Hilfsangebote bekommen. Dazu viele, viele Besuche, Geschenke, Grüße und Wünsche. Auch von einer ganzen Reihe Menschen, die ich hauptsächlich über Twitter kenne. Das soziale Netzwerk hat in meinem Fall tatsächlich funktioniert 🙂
Und auch in meinem direktem Umfeld durfte ich erleben, dass ich mehr gute Freunde habe, als ich dachte. Anderen geht geht es ja oft genau anders herum, aber ich hatte Glück: ich habe Freunde, die die Termine für meine pflegebedürftige Schwester machen (das lag mir anfangs am schwersten im Magen), andere kaufen für mich ein, putzen oder begleiten mich zu Terminen oder auf dem Weg nach Hause. Und ich bin sehr froh, dass es mehrere Schultern gibt, auf die sich das verteilt. Danke an alle!

Leider kann ich Euch auf Twitter in den nächsten Monaten nicht mit Geschichten aus dem Büro unterhalten. Aber im Krankenhaus gab es auch ein paar lustige Erlebnisse, die ich Euch zumindest hier im Blog nicht vorenthalten werde 🙂

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22 Antworten to “Ungeplante Auszeit”

  1. Yvonne Mich Says:

    Fühl Dich von mir ganz fest gedrückt und unterstützt!

  2. Mama arbeitet Says:

    Ach du Schande. Ich wünsche dir alles Gute und werde gebannt weiterlesen. Viele Grüsse aus deiner Stadt!

  3. The Green One (@Eyfelgrynch) Says:

    Du machst Sachen….
    Alles Gute für dich und lass dich bloß nicht unterkriegen!

  4. aleksbe Says:

    ich drücke ganz doll die daumen !!!!
    *drygger*

  5. kehrseite Says:

    Unglaublich was dir alles passiert ist. Viele Grüße und Gute Besserung

  6. Ute Says:

    Dein Mut so offen damit umzugehen, beeindruckt mich sehr. Ich hatte in letzter Zeit schon gedacht, dass es bei dir schwer wird, gerade was das Gewicht angeht. Alle, die ich bisher kannte nahmen bei Chemo heftig ab, aber die hatten alle vorher etwas mehr auf den Rippen als nötig. Genau das war bei dir ja gar nicht der Fall.

    Ich drücke weiter ganz feste die Daumen, dass es bald richtig aufwärts geht und du wieder Zuhause sein kannst, um dich zu erholen.

  7. @schrumpfe Says:

    Ich wünsche dir alles Gute und vor allem gute Nerven, das alles zu überstehen!

  8. unepartiedemoipourvous Says:

    wahnsinn, wie du das alles meisterst. Drück dir weiterhin gaaanz fest die Daumen. Und Haare wachsen wirklich wieder – manchmal kommen dann plötzlich Locken ;))

  9. Sven Hennig Says:

    Zunächst mal Hochachtung für die Offenheit. Wünsche Dir alles, alles Gute und viel, viel Kraft.

    und aus eigener Erfahrung hab ich noch ein paar Tipps zu den Eiweissdrinks, welche nicht ganz so furchtbar sind, wenn du magst.

  10. frauhild Says:

    Fühl dich herzlich gedrückt und umarmt 😄
    Dass wird wieder!
    Meine Mama sah nach ihrer Chemo aus wie ein gerupftes Huhn: am Hinterkopf waren die meisten Haare weg, vorne vollständig da.
    Aber die waren ruckzuck wieder nachgewachsen.
    Dank der Chemo und Bestrahlung ist sie seit 6 Jahren tumorfrei.
    Lieben Gruß
    Dani

  11. Yewa™ (@yewa) Says:

    Meine Güte! Was muss ich schreckliches hier lesen? ! Paß gut auf dich auf und sei weiter so stark, wie sich das hier liest. Wir haben uns noch immer nicht kennengelernt. Das muss unbedingt noch!

    Ich drück dich – und wenn ich auch was tun kann, gib bitte unbedingt Bescheid!
    Ich denk an dich und schick dir ganz viel Metta.

    Alles Liebe, Yewa

  12. Peter Says:

    Ich bin gerade sprachlos. Viele Grüße und gute Besserung.

  13. blogschreiber Says:

    Kopf hoch, junge Frau! Du schaffst das! Meine Gedanken sind bei dir. Fühl dich umarmt.

  14. Miss Fairytalez Says:

    Oje, das tut mir furchtbar leid, ich hatte es bisher gar nicht mitbekommen, bin selbst zu sehr mit RL beschäftigt um regelmäßig TL zu lesen.
    Ich wünsche Dir gute Besserung und ganz viel Kraft und Energie um die schwere Zeit zu überstehen. Alles alles Gute!!!

  15. Frappiri Says:

    Ach Du Liebe,
    Ich bin echt erschüttert. Ich hab mich nicht getraut zu fragen, wo Du abgeblieben bist und nun lese ich das ganze Leid…
    Ich umärmel Dich mal!!! Kann nur noch aufwärts gehen!
    Wie Du weisst, wohne ich ums Eck und wenn es irgendwo brennt, dann frag mich. Ja?
    Drück Dir alle Daumen! und 8 Pfoten!
    LG Piri

  16. Du-kennst-mich Says:

    Gute Besserung Susanne und ich drück dir beide Daumen ganz fest!!! LG Christian

  17. Steve Rückwardt (@SteveRueck) Says:

    Oha, eben erst gelesen. :((

    Alles Gute!

  18. Sven Says:

    Ich finde es mutig von dir, dass du so offen damit umgehst! Toll!
    Wünsch dir die Kraft das alles durch zu stehen und hoffe, dass du bald wieder bei Twitter aktiv bist.
    Alles gute.

  19. Steffi Says:

    Ich war lange nicht mehr bei twitter wirklich aktiv gewesen und lange nicht mehr auf deinem Blog… dann hab ich nur das Wort Chemo in einem deiner Tweets gelesen und aufgeschreckt auf deinen Blog gesprungen. Heftige Geschichte und ich drücke dir alle vorhandenen Daumen und wünsche dir viel, viel Kraft! Ich freue mich dass deine Freunde für dich da sind, dich unterstützen und nicht alleine lassen. Aus der Ferne sende ich dir alle guten Gedanke und finde es großartig dass du dich nicht unterkriegen lässt!

  20. Miss Evil Says:

    Jetzt habe ich den Eintrag schon seit Erscheinen in meinem Favoriten, weil ich unbedingt etwas dazu schreiben wollte, aber kam nie dazu.
    Jetzt aber!
    Ich habe einen riesigen Respekt vor dir und wie du damit umgehtst. Ich wünsche dir alles, alles Gute und dass sich im neuen Jahr endlich alles wieder richtet und besser wird.
    Ganz liebe Grüße aus dem Norden.

  21. Der Jahresrückblick 2.0.13 Says:

    […] Ihre Story geht mir deshalb nahe, weil wir im vergangenen Jahr zusammen ins neue Jahr gefeiert haben. Weil sie […]

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